Was Buddha verbindet, darf der Mensch nicht trennenEine Deutsch-Thailändische HochzeitAls das Flugzeug am Flughafen Suvarnabhumi landet, ist es bereits dunkel und alles wirkt ruhig. Aber dieser Schein trügt, denn Bangkok schläft nie. Wie 100 andere Touristen auch, stelle ich mich geduldig an dem "Immigration Counter" an und nachdem ich freundlich in die Kamera gelächelt, einen Stempel in meinen Reisepass, sowie das bedachte Kopfnicken der Beamtin erhalten habe, darf ich endlich einreisen. Wider Erwarten erschlägt mich die Hitze nicht, sondern begrüßt mich freundlich, umspielt und hüllt mich angenehm ein, wie ein Kokon aus Wärme und Licht. Todmüde aber überglücklich greife ich zum Telefon und halte für einen kurzen Moment inne, schließe die Augen und denke:" Endlich bin ich wieder da! Sawadee kha, Bangkok." Nach einer Nacht im "Grand China Hotel" nimmt meine Reise wieder Fahrt auf. Vom großen Busbahnhof "Mo Chit" aus geht es für mich in Richtung Norden, nach Phitsanulok. 6 Stunden und zwei Powernaps später, erreiche ich die Busstation und meine thailändischen Freunde (meine thailändische Freundin, eine gemeinsame Freundin und ihr Bruder). Die Wiedersehensfreude ist groß. (Auch jetzt, wenn ich an meinem Schreibtisch sitze und an dieses Gefühl denke, treibt es mir die Tränen in die Augen. Genug der Sentimentalitäten!) Wir fahren zusammen zum elterlichen Wohnhaus, wo mir zuerst die Dame des Hauses begegnet. Ich begrüße sie, falte meine Hände, als ob ich beten wollte und verneige mich vor ihr. Sie erwidert meinen Gruß und lächelt. Es ist ein höfliches, aber sehr offenes und warmes Lächeln. An diesem Abend treffe ich alte Freunde wieder und lerne viele neue Leute kennen. Menschen, die aus den verschiedensten Ländern (Thailand, Deutschland, Italien, Russland und Österreich) aus einem Grund angereist sind. (Aus dem besten Grund der Welt, wie ich finde!) Nämlich, um die Liebe zwischen zwei Menschen zu feiern!!! Da die Hochzeit im Elternhaus meiner thailändischen Freundin stattfindet, liegt es nahe bei den Vorbereitungen mitzuhelfen. Und so beschließt die Gruppe, die auf 16 Personen angewachsen und in derselben Unterkunft einquartiert ist, an diesem Abend früher ins Hotel zu fahren. Der nächste Tag, der Tag vor der Hochzeit, soll ein arbeitsreicher werden und etwas Schlaf kann da nicht schaden. Aber was passiert, wenn man Menschen wieder trifft, die man 5 Jahre nicht mehr gesehen hat? Richtig!!! Man teilt sich ein Hotelzimmer miteinander und quatscht auch noch drei Stunden nach dem 5. "Good Night, let´s sleep" miteinander. Viel zu lange hat man sich nicht gesehen, viel zu interessant sind die Gespräche. Wohl aus Erschöpfung sind wir irgendwann eingeschlafen. Am nächsten Tag starten wir eher weniger ausgeschlafen in den Tag. "Thank god" unser Hostel hat Kaffee, und zwar richtigen. Nach zwei Latte Macchiato iced bin ich hellwach und fühle mich wie ein Frettchen auf Speed. (Ich weiß bis heute nicht, ob es am Koffein oder doch am Zucker gelegen hat). Wir werden gesammelt abgeholt und vom familiären Pick Up - Service zum elterlichen Domizil kutschiert. Dort angekommen gibt es erstmal Frühstück, um für die anstehenden Tätigkeiten gewappnet zu sein. Diese lassen allerdings auch nach dem Essen auf sich warten, weshalb ich selbstständig versuche mich an irgendeiner Stelle nützlich zu machen. Kurz darauf sitze ich in Mitten Tanten, Cousinen und Nachbarinnen und putze Gemüse. Und sie finden mich unglaublich süß, wenn ich versuche Thailändisch zu sprechen. So einigen wir uns recht schnell auf eine gemeinsame Sprache, dem Lachen. (In Thailand ist es so, dass die Küche vom Rest des Wohnraumes getrennt liegt. Aber nicht als gesonderten Raum, sondern als eigenständiges, kleines Gebäude, nebenan dem Haupthaus. Wenn für sehr viele Leute gekocht wird, dann treffen sich sämtliche Frauen aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis, um im Freien zu kochen. Dabei tauschen sie sich aus, es wird getrunken und viel gelacht.) Irgendwann werde ich dort allerdings abgezogen, um an der "Mission Blumendeko" mitzuwirken. Hierbei werden wir in zwei Gruppen mit unterschiedlichen Arbeitsfeldern eingeteilt. Die Frauen entdornen 1000 Rosen und fädeln zig Orchideenköpfe zu langen Ketten auf, die Männer verarbeiten die Blumen, kreieren Gestecke und schmücken die große, schwere Holztreppe, die vom Untergeschoss des Hauses in die oberen Wohnräume führt. Wie ein Puzzel fügt sich alles nach und nach zu einem großen Ganzen. Am Ende sind wir zwar müde und erschöpft aber auch fasziniert. Andächtig und wie kleine Kinder betrachten wir unser Werk. Am nächsten Morgen klingelt der Wecker bereits um 4:30. Es ist noch dunkel und verhältnismäßig kalt als wir gegen 6:00 am vereinbarten Treffpunkt, der Hochzeitslocation, eintreffen. Vom elterlichen Wohnzimmer und blumigen Schlachtfeld keine Spur mehr. Wie von Zauberhand hat es den letzten Schliff bekommen und erstrahlt im vollen Glanz. Kurz darauf treffen 9 buddhistische Mönche ein und nehmen Platz auf dem Teppich, dem eigens für sie drapierten Gebets-und Zeremonienbereich. ("9" ist die absolute Glückszahl in Thailand). Auch die Gäste versammeln sich langsam, setzen sich auf den Boden und bilden einen Halbkreis um Brautpaar und Mönche. Es wird ruhig, alle warten gespannt. Ein Vorbeter beginnt mit den buddhistischen Mantras, die Restlichen sprechen ihm nach. (Ein Prozess, der im christlichen Glauben am ehesten mit dem Rosenkranzgebet vergleichbar ist). Während dieser Zeremonie müssen Braut und Bräutigam knien und sich immer und immer wieder vor den heiligen Worten verneigen. Nach einer Stunde unterbrechen die Mönche ihre Gebete und werden von den Gastgebern verköstigt. (Buddhistische Mönche lehnen Besitz ab, versuchen asketisch zu leben und gehen auch nicht arbeiten. Das Essen ist quasi der Lohn der Mönche). Gestärkt beenden sie die Zeremonie und segnen das Brautpaar. Das läutet die Pause und ein frühes Mittagessen für die Gäste ein. Gesättigt und etwas müde starten wir die "Parade". Dafür stellen wir uns am Nachbargrundstück paarweise auf und marschieren lautstark in Richtung Elternhaus, wo die Braut, im 1. Stock, auf ihren Geliebten und die übrigen Gäste wartet. Dabei trägt jeder einen Teller mit Nudeln, gekochtem Hühnchen oder Süßspeisen. Traditionell werden dem Brautpaar auch ganze Bananenbäume als symbolträchtige Geschenke überreicht. (Die Bananenbäume werden auch tatsächlich zwei Tage später am Grundstück der Eltern vergraben. Eine sehr schöne Geste, denn eine Ehe ist doch wie ein Baum. Anfangs jung und schmächtig braucht sie viel Liebe und Pflege, damit sie wachsen, gedeihen und Wurzeln schlagen kann. Erfährt sie diese Zuwendungen, trägt sie schon bald Früchte). Am Eingang des Elternhauses bleibt unser Zug, allen voran der Bräutigam, stehen. Was folgt ist, dass ihm der Weg ins Obergeschoss, zu seiner Geliebten, versperrt wird. Er muss laut ihren Namen rufen und seine Liebe gestehen. Alle jubeln, "Nochmal". Diesmal ruft er noch eindringlicher und lauter! Endlich darf er zu ihr in den ersten Stock, endlich ist die Liebe vereint. Nach dieser kleinen Darbietung stellen wir unsere Gabenteller auf eine Matratze, welche zuvor auf den Gebetsteppich (der Mönche) gelegt wurde, ab. Brauteltern, Brautpaar und das Elternpaar des Bräutigams setzen sich ringsum. Die restlichen Gäste stehen im Kreis. Es beginnt eine Zeremonie, wo Geld aber auch Goldschmuck präsentiert und vom Bräutigam den Brauteltern übergeben wird. Eine Art Auslöse für die Tochter! Nach dem die "Verhandlungen über die Bühne" gegangen sind, dürfen sich die Frischvermählten endlich küssen. Ein schüchterner Kuss auf die Wange besiegelt die große Liebe! Es wird geklatscht! Die Gäste beglückwünschen das Brautpaar. Danach werden wir ins Hotel gebracht, um uns für die abendliche Party zu erholen und frisch zu machen. Als ich aus dem Auto steige, das mich vom Hotel zur Hochzeitsfeier bringt, traue ich meinen Augen kaum. Alles ist so herrlich romantisch. Neben der Kokospalme im Garten steht dort auch eine Bühne, auf der eine Band bereits thailändische Hits zum Besten gibt. Von der riesigen Palme aus ziehen Dutzende Lichterketten fächerartig über das Gründstück und verzaubern es in einen Ballsaal unter freiem Himmel. Rund 400 Gäste sind gekommen und haben bereits ihre Plätze eingenommen. Das Essen wird serviert. Ein Highlight folgt auf dem Fuße: Das Brautpaar sowie deren Eltern und sogar ein wichtiger Regierungsvertreter aus dem Ministerbüro für Verkehr werden auf die Bühne gebeten und vorgestellt. Die wunderschöne Braut greift zum Mikrofon und richtet ein paar Begrüßungssätze an die Gäste, während ihre Freundin das Thailändische ins Englisch übersetzt. Allerdings staune ich nicht schlecht, als plötzlich der deutsche Bräutigam seine Ansprache frei, auswendig und auf thailändisch hält. Auch wenn ich kein Wort verstehe, so spüre ich die Tragweite und die Bedeutung seiner Rede. "Liebe ist mächtig, sie sprengt Ketten, hält sich an keine Regeln oder Gesetze und verbindet Menschen auf der ganzen Welt, wenn auch sicherlich nicht mühelos, dann scheinbar grenzenlos, miteinander". Ich bekomme eine Gänsehaut. Danach setzt die Musik wieder ein und bald darauf gibt es für uns, für mich, kein Halten mehr. Es wird getanzt, getrunken, gelacht und sogar gesungen. Ein besonderes Ständchen bringt eine gemeinsame Freundin der Braut. Sie singt live, auf der Bühne, in Begleitung der Band eines der Lieblingslieder der Braut, bringt den Abend damit auf seinen Höhepunkt und rührenden Abschluss. Was folgt sind Tage der Entspannung! Zumindest für die ausländischen Gäste, sicherlich nicht für Braut und Bräutigam. Man könnte meinen die beiden hätten ihre Pflicht ganz und gar erfüllt, aber falsch gedacht. Die Zwei kümmern sich sehr aufopfernd um ihre Gäste, und so fahren rund 20 Leute schon zwei Tage darauf in die historische Stadt Sukhotai in der gleichnamigen Provinz. (Die historische Stadt Sukhothai ist eine Art Freilichtmuseum und UNESCO - Weltkulturerbe. Die Stadt wurde im 13. Jhd v. Chr. erbaut und war Ausgangspunkt sowie Hauptstadt des ersten großen Königreichs der Thai. Die Ruinen sind gut erhalten und stellen eine bedeutende Touristenattraktion dar.) Von Phitsanulok aus erreichen wir nach nur einer Stunde Fahrt das Areal des "Sukhothai Historical Park". Die Sonne zeigt sich von ihrer schönsten Seite und treibt das Thermometer in die Höhe. Zur Mittagszeit hat es bereits 30 Grad im Schatten und es scheint, dass nicht nur wir, sondern auch der Asphalt schwitze. Das hält uns allerdings keineswegs davon ab Fahrräder auszuleihen. Und so schwingen wir uns auf unsere Vehikel und brausen los, um diese Sehenswürdigkeit zu erkunden. Dieser Ort ist magisch, heroisch und idyllisch zugleich. Der Park erstreckt sich über eine große Fläche, bestehend aus alten Bauten, Bäumen und Teichen mit unzähligen Seerosen. Urplötzlich fühle ich mich ganz klein. Ehrfürchtig betrete ich die Anlagen, deren stumme Zeugen wahrhaftig erhaben auf eine große, vergangene Zeit schließen lassen. Ich spüre wie dieser Park mich entschleunigt und ruhig werden lässt. Alltagssorgen und Stress aus Europa scheinen wie weggeblasen.
Wären da nicht die viele anderen Touristen, die organisierte Korruption und der Kapitalismus, wäre diese kleine Insel, deren Breite in einem 10-minütigen Fußmarsch durchschritten ist, der Himmel auf Erden. Warum erwähne ich das? Weil es ein großes Thema ist: Die Einheimischen, welche die Insel mit Brief und Siegel vom Königshaus erhielten, wurden skrupellos über den Tisch gezogen und ihnen dieses Stück Land, mitten im Ozean, durch lächerliche Summen abgekauft. Und wie ich heute weiß, "Geld regiert die Welt aber auch Not und Gier". Dadurch verschwindet der "sanfte Tourismus" gänzlich. Alles "Alte und alt Bewährte" wird abgerissen und stattdessen sündhaftteure Resorts aufgezogen, um eine gehobene Klientel mit prall gefüllten Geldbeuteln anzulocken! Schade drum!Trotz dieser Tatsache, die ich nicht verstehen kann aber akzeptieren muss, genieße ich die verbleibenden Tage des Urlaubs in den wahrscheinlich letzten urtümlichen, einfachen aber sehr gemütlichen Bungalows, die Sonne, das Meer, den Strand und neben täglichen, frisch gepressten und eiskalten Vitamindosen, das eine oder andere Chang! "PROST, ein Hoch auf das Leben und die Liebe"!
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